Leben in Neuseeland 1

Abenteuer Auswanderung: Leben in Neuseeland – Interview mit Isabel aus Auckland

Interviews

Isabel und Benedikt sind 2014 nach Neuseeland ausgewandert. Sie sind mit ihrem Leben in Neuseeland zufrieden wissen aber noch nicht ob sie für immer im Land der Kiwis bleiben wollen. Isabel hat mir im Interview erklärt warum.

Wann hattet ihr die Idee auszuwandern und wie seid ihr auf  Neuseeland gekommen?

Nach meinem Abitur habe ich in Stuttgart studiert und während meines letzten Jahrs beschlossen, mich für einen Aufbaustudiengang in den Niederlanden einzuschreiben. Nachdem sich die Suche nach einer geeigneten Mietwohnung für uns dort schwierig gestaltete, zogen wir doch wieder nach Deutschland. Wir wohnten nah an der niederländischen Grenze und ich pendelte jeden Tag nach Holland an die Uni. Obwohl das streng genommen ein Auslandsstudium war, fühlte es sich nie als solches an. Und unsere Auswanderungspläne reiften langsam heran…

Isabel und Benedikt leben in Neuseeland

Isabel und Benedikt

Habt Ihr Euch Neuseeland vor der Auswanderung angeschaut?

Im November 2012 sind wir drei Wochen in die Flitterwochen nach Neuseeland geflogen. Obwohl wir es eigentlich als Erkundungsreise geplant hatten, machten wir aber eigentlich doch nur ganz normal Urlaub. Wir klapperten die bekannten Touristenziele ab, vom neuseeländischen Alltag bekamen wir recht wenig mit. Dennoch oder vielleicht auch gerade deswegen gefiel uns das Land sehr!

Wie lange vorher habt Ihr angefangen die Auswanderung vorzubereiten?

Direkt nach der Rückkehr von unserer Hochzeitsreise nach Neuseeland Ende 2012 begannen wir mit der Planung unserer Auswanderung – Also etwa ein Jahr vor dem endgültigen Abflug. Meine Familie fand die Idee auch ganz toll. Ich denke, sie hofften, in Zukunft ihre Winter bei uns in Neuseeland verbringen zu können. Nur meine Schwiegereltern hat unser Entschluss auszuwandern deutlich schwerer getroffen. Nachdem sie uns im letzten Jahr in Neuseeland besucht haben, ist es etwas besser geworden. Sie können sich nun besser vorstellen wie wir hier leben und warum wir hier hergekommen sind. Aber glücklich sind sie darüber trotzdem nicht.

Welchen beruflichen Background habt Ihr?

Ich bin Lebensmitteltechnologin und arbeitete nach meinem Studium in den Niederlanden für einen internationalen Konzern. Während unserer Hochzeitsreise konnte ich mit der neuseeländischen Niederlassung einige Kontakte knüpfen und hatte während unserer einjährigen Vorbereitung mehrere telefonische Bewerbungsgespräche. Es klang alles sehr vielversprechend, doch dann wurde drei Monate vor dem Abflug der Konzern aufgekauft. Neben etlichen Stellenstreichungen hatte das auch einen Einstellungsstopp zur Folge. Dadurch verlor ich nicht nur meinen Job in den Niederlanden, was mir gerade recht war, sondern auch meine Jobaussicht in Neuseeland. Das war mir natürlich gar nicht recht. Wir ließen uns von diesem Rückschlag jedoch nicht abhalten und verfolgten unseren Plan weiter.
Mein Mann ist Mechatroniker und staatlich geprüfter Techniker in Elektrotechnik. Das sind beides Qualifikationen, die sich nicht ins neuseeländische Ausbildungssystem übertragen lassen. Wir hofften, dass er in Neuseeland wenigsten als normaler Elektriker arbeiten könnte.

Isabel -Leben in Neuseeland

Wann seid ihr nach Neuseeland ausgewandert?

Da wir zum Zeitpunkt unserer Auswanderung beide noch keine 30 Jahre alt waren, hatten wir das Visum unter dem Working Holiday Scheme beantragt, ein einjähriges Visum, welches meist von Backpackern genutzt wird. Bei unserer Einreise am 12. Januar 2014 hatte weder Bene noch ich einen Job in Neuseeland in Aussicht. Das Einzige was wir hatten war eine Buchung für einen zweiwöchigen Aufenthalt in einem mittelmäßigen Motel sowie für einen Mietwagen für sieben Tage. Dadurch hatten wir einen gewissen Zeitdruck. Auch unsere finanziellen Mittel waren ja irgendwo begrenzt.

War es einfach für Dich einen Job zu finden?

Für uns beide war es überraschenderweise relativ einfach, einen Job zu finden. Jetzt wo wir auf unseren Bewerbungen keine deutsche Adresse mehr stehen hatten, sondern die neuseeländische Adresse des Motels auf die Bewerbungen schreiben konnten, bekamen wir plötzlich einige positive Antworten. Bene wurde schon in der zweiten Woche zu einem Bewerbungsgespräch bei einem Holzmaschinenvertrieb eingeladen. Schon in der darauffolgenden Woche fing er auch direkt dort an zu arbeiten. Ich selbst war erst bei einer Jobvermittlungsagentur die mich nach Nelson schicken wollte. Später war ich noch in Kontakt mit zwei weiteren Firmen. Meinen ersten Job konnte ich nach nur vier Wochen in Neuseeland antreten und arbeite auch heute noch dort. Dass wir beide nur das Working Holiday Visum hatten, störte unsere Arbeitgeber nicht. Es war ein richtger Glücksfall!

Hast Du Dein Visa mit oder ohne Auswanderungsberater beantragt?

Nachdem sich unser erstes Jahr in Neuseeland (und damit auch das Working Holiday Visa) allmählich dem Ende neigte, mussten wir uns um ein neues Visum bemühen. Wir waren uns beide einig, dass wir noch nicht wieder zurückzugehen wollten. Erst hatten wir auf eigene Faust versucht ein Work Visa für mich und ein Partner Visa für meinen Mann zu beantragen. Nach drei Monaten und zwei gescheiterten Versuchen lief uns dann aber langsam die Zeit davon. Es blieb uns nichts anderes übrig, als einen Auswanderungsberater einzuschalten. Der verhalf uns erst zu einem zweijährigen Work Visa und schließlich zum Residence Visa (dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung).

Wandern -Leben in Neuseeland

Verdienst Du in Deinem Job in Neuseeland mehr oder weniger Geld als vor der Auswanderung?

Sowohl ich als auch mein Mann verdienen deutlich weniger als in Europa, wir arbeiten aber auch weniger. Mein Mann macht so gut wie gar keine Wochenendarbeit mehr und auch unter der Woche sind Überstunden nur noch selten. Die Steuern und ACC sind in Neuseeland deutlich geringer als die Abgaben in Deutschland, sodass mehr vom Gehalt übrig bleibt. Im Ernstfall (bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit) braucht man dann aber auch keine finanzielle Unterstützung vom Staat erwarten. Alles in allem ist unser Lebensstandard dadurch gleich geblieben, nur dass wir jetzt selbst entscheiden können, wieviel wir vorsorgen wollen oder eben auch nicht.

Überlegst Du manchmal zurück nach Deutschland zu gehen?

Auf gar keinen Fall! Unsere Entscheidung auszuwandern, war die beste Entscheidung, die wir je getroffen haben. Nur, ob die Entscheidung nach Neuseeland auszuwandern, die richtige war bleibt offen. Wir sind mit unserem Leben in Neuseeland zufrieden, aber vielleicht ziehen wir eines Tages weiter. Nur zurück nach Deutschland zu gehen, das kann ich mir nicht vorstellen.

Was fandest Du an der Auswanderung nach Neuseeland persönlich am schwierigsten?

Als wir uns um ein das Work Visa bemühten hatte ich große Schwierigkeiten zu akzeptieren, dass ich meinen weiteren Lebensweg nicht in der eigenen Hand habe. Unsere Zukunft hing von willkürlicher Bürokratie und Beamten mit zweifelhafter Kompetenz ab. Nachdem die Zeit immer knapper wurde, wurde unsere Verzweiflung immer größer. Selbst als wir das Work Visa dann endlich hatten, war uns nicht zum Feiern zumute.

Benedikt -Leben in Neuseeland

Welche Dinge gefallen Dir am besten am Leben in Neuseeland und welche Dinge aus Deutschland vermisst Du am meisten?

Am Leben in Neuseeland gefallen mir natürlich am allerbesten die Natur und die tollen Landschaften. Im Urlaub, an Wochenenden und auch nach Feierabend kann man einfach zum Strand fahren oder eine Wanderung durch den Regenwald machen. Dabei muss man sich noch nichtmal vor wilden oder giftigen Tieren fürchten. Die gibt es in Neuseeland nämlich nicht. Zudem mag ich, dass ich hier nicht als der Ausländer oder der Fremde abgestempelt werde. Als wir noch in Nordrhein-Westfalen wohnten, hörten die Leute schon an meinem Dialekt, dass ich nicht von dort war. Das machte es schwer Anschluss zu finden. In Neuseeland hört man zwar auch sofort, dass ich Ausländer bin, hier macht es aber niemandem was aus. Neuseeland ist ein Einwandererland  und jeder ist quasi ein “Ausländer”. Selbst die „echten“ Kiwis sind erst seit wenigen Generationen im Land.

Aus Deutschland vermisse ich am meisten verschiedene Lebensmittel: Knödel, Lebkuchen, Aufschnitt, Quark. Die Liste ist gar endlos. Die meisten Dinge kann man, vor allem in Auckland, schon bekommen. Dann sind sie aber oft so teuer, dass man sie sich gar nicht leisten will. Von den billigen Preisen bei Aldi oder IKEA muss man sich hier schnell verabschieden. Ein Nachteil am Leben in Neuseeland sind sicher die Lebensmittelpreise. Lebensmittel sind hier unheimlich teuer und auch viele andere Güter des täglichen Bedarfs sind entweder teuer oder qualitativ minderwertig. Auch die deutsch Qualitätsarbeit vermisse ich in Neuseeland. Hier gibt es nur teure Produkte mit mittlerer Qualität oder mittelpreisige Produkte mit ganz furchtbarer Qualität. Egal ob Elektrogeräte, Möbel oder Häuser. Die Kiwis sind jedoch so relaxt, dass ihnen das egal ist. Darin muss ich mich wohl noch etwas üben.

Du lebst in Auckland, der größten Stadt Neuseelands. Kannst Du diese Stadt anderen Auswanderern empfehlen?

Auckland ist zwar eine Millionenstadt, fühlt sich aber nicht so an. Alles wirkt recht familiär, es gibt sehr viel Grün und das Meer ist auch nie weit. Zudem eignet sich Auckland gut als Ausgangspunkt für unzählige Tagesausflüge. So bekommt man am Wochenende gern mal Urlaubsfeeling!
Leider ist Auckland in den letzten Jahren ziemlich stark angewachsen. Die Infrastruktur konnte mit diesem schnellen Wachstum einfach nicht mithalten. Dadurch sind die Hauspreise in den Himmel geschossen und der morgendliche Stau auf dem Weg zur Arbeit ist unvermeidbar geworden. Deswegen, und weil ich eigentlich auch kein Großstadtmensch bin, würde ich lieber wo anders hinziehen, sehe aber auf dem Land oder in kleineren Städten kaum Chancen auf einen annehmbaren Arbeitsplatz für mich.

Welchen Ratschlag würdest Du jemandem geben der jetzt nach Neuseeland auswandern will?

Man sollte sich überlegen, was man in Deutschland aufgibt, wenn man auswandert: Freunde, Familie, ein tolles Haus, einen sicheren Job. Man sollte dabei realistisch bleiben und nicht pauschal alles mit „alles Scheiße“ abtun. Besonders mit weniger engen Freunden und Verwandten verliert sich der Kontakt trotz Internet doch recht schnell. Darauf sollte man gefasst sein.
Zudem ist es wichtig, dass man seine finanzielle Situation einschätzen kann. Wie viele Rücklagen hat man? Wie lange kann man sich zur Jobsuche Zeit nehmen? Gibt es einen Notfallplan wenn alles schief läuft? Die Lebenshaltungskosten sind in Auckland vergleichsweise hoch und auch die Kosten für das Visum und den eventuellen Auswanderungsberater sind nicht zu verachten.

Isabel und Bene haben einen Blog wo man ihr Leben in Auckland mitverfolgen kann: www.snoopya.de

Wer noch mehr über Isabels Auswanderung und ihr Leben in Neuseeland erfahren möchte der kann sich Isabels neues Buch holen: “Abenteuer Auswanderung: Ein neues Leben in Neuseeland (Jobs, Praktika, Studium)“. Darin schildert sie ausführlich, wie sie und Bene diese ereignisreiche Zeit mit all ihren Höhen und Tiefen erlebt haben und berichtet von ihrem Leben in Neuseeland. Eine Auswanderung ist ziemlich nervenaufreibend und läuft oft meist nicht so wie geplant. Die Jobsuche und der Visaantrag sind wirklich nicht ganz ohne.

Mehr Interviews mit Neuseeland-Auswanderern findet ihr hier

 

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