Ohne Zweifel hat Neuseeland hat eine sehr ausgeprägte Kaffeekultur. Die Kiwis lieben Kaffee und in Aotearoa gibt es angeblich mehr Kaffeeröstereien pro Einwohner als in irgendeinem anderen Land. An jeder zweiten Ecke steht ein Espresso-Truck und nach einem gemütlichen Café muss man nie lange suchen. Selbst im kleinsten Dorf bekommt der Kaffee-Kenner ein professionelles Kaffeegetränk aus der Espressomaschine. Allerdings sollte man zeitig das Haus verlassen: Die meisten Cafés schließen in Neuseeland nämlich schon um 15Uhr.
Während man in Deutschland hoffen muss, dass der Mann oder die Frau an der Maschine weiß was sie tut, steht in Neuseeland meist ein ausgebildeter Barista hinter dem Tresen. Die Milch ist nicht zu heiß und mit dem Milchschaum werden zauberhafte Farnblätter und andere Bilder in die Tasse gezaubert.
Allerdings muss man sich bei der Auswahl als Europäer etwas umgewöhnen: Die meisten Kaffeespezialitäten heißen in Neuseeland anders als in Europa: Der schwarze Kaffee heißt “Long Black” und der Espresso heißt “Short Black”. Milchkaffee läuft hier unter dem Namen “Cafe-Latte” und ein Fluffy ist eine Tasse warme Milch mit Milchschaum für Kinder. Wer nach einem “Latte Macchiato” fragt wird kein Glück haben: Der ist hier in Neuseeland unbekannt. Der “Flat White” ist ein stärkerer Milchkaffee mit wenig Schaum und wurde wohl vom Neuseeländer Derek Townsend im “Cafe X-treme” in Auckland erfunden. Wie bei der Pavlova und den Lamingtons behaupten allerdings auch hier die Australier, sie hätten den “Flat White” erfunden. Was natürlich nicht stimmt… !
Kiwis ware Kaffee-Banausen
Doch die Kiwi-Kaffeekultur gibt es noch nicht lange: Wer Neuseeland in den 1990er Jahren bereist hat, wird es noch als “Land des Nescafes” in Erinnerung haben. Überall gab es löslichen Pulverkaffee und kein Barista weit und breit. Das mag auch daran liegen, dass der Instantkaffee hier erfunden wurde: Der Neuseeländer David Strang ließ sich 1890 in Invercargill sein Rezept für Instantkaffee patentieren. Er hatte die Idee, fertig gebrühtem Kaffee das Wasser zu entziehen. Das so enstandene Pulver konnte man später dann wieder mit heißem Wasser aufrühren. Dieses Pulver wurde unter dem Namen “Strang´s Coffee” verkauft. Das historische Fabrikgebäude steht noch heute in Invercargill.
Wie fand der Cappucino nach Neuseeland?
Aber woher der plötzliche Wandel? Wie fand der Cappucino nach Neuseeland? Viele junge Kiwis zieht es in die Ferne: Die “OE” (Overseas Experience sammeln) ist eigentlich Pflicht. Wer auf einer kleinen Insel aufwächst hat eben Angst was zu verpassen. Es gibt etwa 7,6 Mio Kiwis, aber 1 Mio von ihnen lebt im Ausland. Die meisten kommen aber nach ein paar Jahren wieder zurück in die Heimat und Neuseeland profitiert davon! Erstens entstehen so wertvolle Beziehungen in alle möglichen Länder und zweitens bringen die Heimkehrer auch jede Menge Ideen aus dem Ausland mit. So kam vermutlich auch die Kaffeekultur nach Neuseeland. Aber die Kiwis kopieren nicht nur das, was sie in anderen Ländern gesehen haben: Sie adaptieren es und zelebrieren dann ihre Kiwi-Version davon.
Markus und ich wissen einen guten Kaffee zu schätzen und lieben es in Cafés rumzuhängen. Zum Glück gibt es auch im beschaulichen Gisborne genügend nette Cafés um für Abwechslung zu sorgen. Und wenn wir Kaffeebohnen kaufen haben wir drei lokale Kaffeeröster zur Auswahl.
Allerdings muss ich sagen, dass mir persönlich die Kiwi-Kaffees einfach zu stark und zu bitter sind. Von einem normalen Flat White oder Cafe Latte bekomme ich Herzflattern. Deshalb bestelle ich meist einen “half-shot” oder “half strength”. Dann kommt er etwas milchiger und kickt immernoch genug.