März 2015: Viele Leute die mir schreiben fragen mich in welcher Stadt eigentlich das Haus steht, das wir gekauft haben. Ja, ich gebe zu, das kam bisher nicht so richtig raus. Aber ich wollte es auch nicht gleich an die große Glocke hängen. Ja, wir haben ein Haus in Gisborne gekauft.
Markus und ich sind nach Neuseeland gekommen um ein nettes ruhiges Leben zu haben und fanden Auckland am Anfang wirklich toll. Wir sind keine Landeier, gehen gerne in Cafes und auf Festivals und mochten den “kleine Großstadt-Vibe” von Auckland. Mittlerweile geht uns der Berufsverkehr ziemlich auf die Nerven und wir haben so ziemlich alles gesehen was in Auckland so los ist.
Auckland wird überrannt von Einwanderern. Wohnraum, Parkpkätze, Straßen, Handwerker: Alles ist knapp und teuer. Es gibt schon schöne Ecken in Auckland, aber als Einwanderer hat man immer das Gefühl man ist 20 Jahre zu spät gekommen. Die Hauspreise in Auckland sind mittlerweile jeseits von bezahlbar – ich glaube dagegen sind Hamburg und München noch richtig günstig.
Man trifft ja über die Zeit verschiedene Leute und hört sich an was die so aus der Situation machen. Sich für die nächsten 35 Jahre mit einem Hauskredit an die Bank zu fesseln, nur um eine verschimmelte Bruchbude in West-Auckland kaufen zu können, ist nicht so unser Ding.
Also waren wir latent auf der Suche nach einer anderen Stadt wo wir sesshaft werden können. Die Südinsel ist uns im Winter zu kalt, und wir wollen auch nicht in einer “Gummistiefel-Stadt” im Nirgendwo leben. Freunde von uns leben in Tauranga: Dort ist zwar tolles Klima aber Tauranga hat einen Ruf als Rentner-City und ist fast schon so teuer wie Auckland. Dann trafen wir 2013 diesen Kiwi und seine deutsche Freundin. Er war in Gisborne aufgewachsen und die beiden hatten grade ein Haus dort gekauft – für einen Spottpreis.
Gisborne? Wo zur Hölle ist Gisborne überhaupt? Wir sind ja schon viel in Neuseeland rumgereist, aber in Gisborne waren wir noch nie. Das lag irgendwie nie auf dem Weg und war viel zu weit ab vom Schuß. Vor allem Kiwis haben wohl bezüglich Gisborne auch gerne Vorurteile und die meisten Touristen lassen es einfach links liegen. Also sind wir Ostern 2013 mal hingefahren und haben es uns angeschaut: Kapp 7 Stunden Fahrt von Auckland – 1,5 Stunden davon sind Serpentinen durch eine große Schlucht. Und dann steht man da, und fragt sich: Und? Würden wir hier wohnen wollen??
Gisborne hat ca 35.000 Einwohner und ist eine schnuffige Kleinstadt an der Ostküste. Da Gisborne die Haupstadt der Region Gisborne ist (und damit die einzige größer Stadt weit und breit) gibt es dort aber eigentlich alle Geschäfte die man so braucht: Supermärkte, Klamotten-und Schuhläden, Baumärkte, Einrichtungshäuser, Elektronikmärkte usw. Es gibt 2 Strände, einen geschützten mit wenig Wellen direkt am Stadtzentrum und den Wainui-Beach mit wahnsinns Wellen für Surfer. Es gibt in der gesamten Region Gisborne nur 2 Ampeln. Das Klima ist warm und trocken (Weinbaugebiet und Obstbaugebiet), die Hauptstraße ist von Palmen gesäumt und die Uhren ticken sehr viel langsamer. Irgendwie ist dort die Zeit stehengeblieben: Gisborne fühlt sich glaub ich noch heute so an wie Neuseeland in den 1970er Jahren. Es gibt eine Hand voll bessere Restaurants am Hafen, ein Pub wo man für 15$ einen riesen Burger mit Pommes essen kann und viele Cafes mit “alternativem Flair”. Am Samstag gibt es einen Farmer´s Market, an manchen Tagen verkauft jemand Donuts aus einem alten Wohnwagen am Straßenrand und bei den Farmen am Stadtrand kann man für 2 Dollar eine Tüte Orangen mitnehmen. Alles wirkt so unangestrengt, locker und freundlich.
Wir haben Entscheidung nach Gisborne zu gehen nicht leichtfertig getroffen. Für Markus und mich war aber schnell klar: Diese Stadt hat alles was wir wollen: Relaxten Lifestyle, Meer, warmes trocknes Klima, freundliche Kiwis und günstige Hauspreise. ALLE unsere Freunde und Bekannten haben mit diesem oder einem ähnlichen Satz auf unsere Pläne reagiert: “Gisborne ist ja wirklich ne super Stadt für Urlaub, Lifestyle, Surfen und so … aber was wollt Ihr denn dort arbeiten?” Durch die Auswanderung nach Neuseeland haben wir gelernt, dass man nicht alles im Leben planen kann. Ich werde wohl meinen gut bezahlten Job in Auckland hinwerfen müssen, aber in der Medienbranche kann man heutzutage auch übers Internet ganz gut Geld verdienen.
Ein paar Monate wollen wir noch in Auckland bleiben um Geld anzusparen und Renovierungsmaterialien für unser Haus zu besorgen. Aber wenn der neuseeländische Winter vorbei ist beginnt für uns hier ein ganz neues Kapitel in Neuseeland…